Hauchdünne Mehrheit für Union und FDP
Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hätte derzeit zum ersten Mal seit November 2009 wieder eine hauchdünne rechnerische Mehrheit. Das zeigt das aktuelle ZDF Politbarometer. Gleichzeitig favorisiert eine Mehrheit eine große Koalition.
Interaktiv: Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hätte derzeit zum ersten Mal seit November 2009 wieder eine hauchdünne rechnerische Mehrheit. Das zeigt das aktuelle ZDF Politbarometer. Gleichzeitig favorisiert eine Mehrheit eine große Koalition.(Quelle: ZDF)
Zu Beginn der heißen Wahlkampfphase sind die Mehrheitsverhältnisse noch lange nicht geklärt: Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die CDU/CSU auf unveränderte 41 Prozent und die SPD bliebe in ihrem Tief bei 25 Prozent. Leicht verbessern könnte sich die FDP auf sechs Prozent (plus eins), während die Linke mit acht Prozent und die Grünen mit 13 Prozent unverändert blieben. Alle anderen Parteien fielen unter drei Prozent und können deshalb nur als Summe ausgewiesen werden: Sie erreichten zusammen sieben Prozent (minus eins). Damit hätte erstmals seit November 2009 eine Koalition aus CDU/CSU und FDP eine hauchdünne rechnerische Mehrheit. Allerdings ist die schon allein aufgrund der statistischen Fehlerbereiche von Umfragen alles andere als sicher. Rot-Grün ist jedoch weiterhin deutlich von einer parlamentarischen Mehrheit entfernt.
Wenige glauben, dass die SPD noch deutlich zuegen kann
Auch wenn inzwischen mehr Wähler als noch im März an einen Wahlsieg von Schwarz-Gelb glauben, bleiben die meisten eher skeptisch: 43 Prozent erwarten (März: 35 Prozent), dass CDU/CSU und FDP eine Mehrheit bei der Bundestagswahl erreichen werden, aber 47 Prozent (März: 54 Prozent) glauben das nicht (weiß nicht: zehn Prozent). Besonders ausgeprägt ist die Siegeszuversicht bei den Anhängern der FDP (70 Prozent), während die Anhänger der CDU/CSU deutlich zurückhaltender sind: Hier gehen lediglich 52 Prozent von einem Sieg für Schwarz-Gelb aus.
Nur 18 Prozent erwarten, dass die SPD, die aktuell durchweg sehr schlechte Umfragewerte hat, bis zur Bundestagswahl noch deutlich zulegen kann. 78 Prozent glauben das hingegen nicht. Selbst unter den SPD-Anhängern sind die Optimisten mit 35 Prozent deutlich in der Minderheit (glaube nicht: 60 Prozent).
Deutliches Votum für die große Koalition
Die einzige Koalition, die von einer Mehrheit der Deutschen positiv gesehen wird, ist die große Koalition: 51 Prozent beurteilen sie als „gut“ und nur 28 Prozent als „schlecht“ („egal“: 19 Prozent; Rest zu 100 Prozent jeweils „weiß nicht“). Alle anderen möglichen Koalitionen werden mehrheitlich nicht gut geheißen: Rot-Grün wird nur von 38 Prozent als „gut“ bewertet, aber von 44 Prozent als „schlecht“ („egal“: 16 Prozent), Schwarz-Gelb von 35 Prozent als „gut“ und von 41 Prozent als „schlecht“ („egal“: 21 Prozent), Schwarz-Grün halten nur 30 Prozent für „gut“ und 45 Prozent für „schlecht“ („egal: 22 Prozent). Am eindeutigsten wird eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken abgelehnt (65 Prozent), lediglich 18 Prozent unterstützen eine solche Möglichkeit („egal“: 15 Prozent).
Beim Thema soziale Gerechtigkeit trauen die meisten Bürger einer möglichen rot-grünen Bundesregierung keine entscheidenden Veränderungen zu. Lediglich 28 Prozent meinen, dass es in Deutschland gerechter zugehen werde, wenn eine Koalition aus SPD und Grünen regieren würde. 14 Prozent erwarten dann das Gegenteil und 52 Prozent sind der Meinung, dass es keinen großen Unterschied im Vergleich zur jetzigen Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP machen würde.
K-Frage: Stabiler Abstand zwischen Merkel und Steinbrück
Bei der Frage, wen die Deutschen nach der Bundestagswahl lieber als Kanzler/-in hätten, liegt Angela Merkel auch gut vier Wochen vor der Bundestagswahl deutlich vor ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück. Unverändert 63 Prozent wollen Merkel als Kanzlerin und 29 Prozent wünschen sich Peer Steinbrück im Kanzleramt.Während die CDU/CSU-Anhänger mit 94 Prozent nahezu geschlossen für Merkel votieren, fällt der Rückhalt Steinbrücks bei den SPD-Anhängern mit 68 Prozent deutlich geringer aus. Ähnlich sahen die Ergebnisse bei der K-Frage zum gleichen Zeitpunkt vor der Bundestagswahl 2009 aus, als Frank-Walter Steinmeier für die SPD kandidiert hatte.
Merkel weiterhin beliebteste Politikerin
Am besten wird weiterhin Bundeskanzlerin Angela Merkel bewertet: Sie erreicht jetzt auf der Skala von +5 bis -5 einen Durchschnittswert von 2,1 (Aug. II: 2,2). Mit deutlichem Abstand folgen Wolfgang Schäuble mit 1,4 (Aug. II: 1,5), Frank-Walter Steinmeier mit 0,8 (Aug. II: 0,7), Ursula von der Leyen mit 0,6 (Aug. II: 0,8) und Horst Seehofer mit 0,3 (Aug. II: 0,4). Ebenfalls auf 0,3, aber ein paar Hundertstel schlechter als Seehofer, kommt Peer Steinbrück (Aug. II: 0,1). Auf Platz sieben folgt Thomas de Maizière mit 0,2 (Aug. II: 0,4) unmittelbar vor Jürgen Trittin ebenfalls mit 0,2 (Aug. II: 0,2). Knapp im Negativ-Bereich verbleibt Guido Westerwelle mit minus 0,1 (Aug. II: minus 0,2) vor Philipp Rösler mit minus 0,7 (Aug. II: minus 0,8).
Die Umfrage zum Politbarometer…
… wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 20. bis 22. August 2013 bei 1287 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von zehn Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 46 Prozent, SPD: 27 Prozent, FDP: vier Prozent, Linke: sechs Prozent, Grüne: zwölf Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Donnerstag, den 29.8.2013.
Wahlkampf vorm Fußballstadion
Die Jusos wollen Bilder der Kanzlerin in trauter Eintracht mit Steuerhinterzieher Hoeneß verteilen. Union und FDP schäumen, den Künstler freut’s, die SPD hält sich raus. Von Lenz Jacobsen
Die Kanzlerin beugt sich etwas vor, lächelt, streckt Uli Hoeneß, der dasteht wie ein Gastgeber, die Hand entgegen. Ein Zipfel des Bayern-Schals um seinen Hals legt sich auf den Handschlag der beiden, besiegelt ihn. Ein starkes Foto ist es, dass da am 25. Mai dieses Jahres beim Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund entstanden ist. Stark vor allem deshalb, weil die damals große Diskussion um Hoeneß’ vermutliche Steuerhinterziehung so überhaupt keine Widerspiegelung in dieser freundlichen, fast vertrauten Begrüßung findet.
Nun kommt das Bild zurück ins Stadion. Am Wochenende wollen die Jusos, die Nachwuchsorganisation der SPD, eine Postkarte mit dem Motiv 100.000-fach vor deutschen Fußballstadien verteilen. Auf der Karte steht, der Kanzlerin den Mund gelegt: «Glückwunsch, Uli, wir Steuern das schon.»
Schon seit einiger Zeit macht die SPD mit dem Thema Steuerhinterziehung Wahlkampf. Doch so richtig gezündet hat es nicht. Jetzt versuchen es die Jusos mithilfe des Fußball-Promis Uli Hoeneß. Weil Stadien aber normalerweise keine Arenen für Parteipolitik sind, und weil Hoeneß als Bayern-Präsident trotz allem sehr beliebt ist, wüten die politischen Gegner schon, bevor auch nur eine einzelne Karte verteilt ist. Die Jusos freut’s.
Der Künstler ist kein Unbekannter
Der FDP-Lautsprecher Wolfgang Kubicki findet die Aktion «erbärmlich» und «an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten», der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt vermutet gar einen «antibayerischen Wahlkampf». Der Politiker macht sich außerdem zum ersten Verteidiger seines heimatlichen Fußballvereins und wirft den Sozialdemokraten vor, «Aggressionen gegen den FC Bayern schüren».
Derjenige, der sich die Postkarte ausgedacht hat, kann sich darüber nur freuen. Klaus Staeck sagte ZEIT ONLINE: «Ich hätte nicht gedacht, dass die so naiv sind und durch ihre Kritik selbst noch mal Aufmerksamkeit darauf lenken.» Staeck ist nicht irgendwer, sondern einer der wichtigsten politischen Künstler des Landes, schon in den 1970er Jahren hat er berühmte Plakate für die SPD entworfen. Außerdem ist er seit 2006 Präsident der angesehenen Berliner Akademie der Künste.
Auch Juso-Chef Sascha Vogt ist eher dankbar für die laute Kritik von Kubicki und Dobrindt. Er sagte ZEIT ONLINE: «Die Aktion ist schon jetzt ein Volltreffer. Die Herren haben offensichtlich Angst, dass ihre steuerhinterziehenden Freunde nach der Bundestagswahl doch noch zur Kasse gebeten werden.» Und im Übrigen könne er ja auch nichts dafür, dass der Steuerhinterzieher Hoeneß nun mal auch Präsident von Bayern München sei.
Vor deren Stadion übrigens wird die Postkarte wohl nicht verbreitet werden. «Wir haben im Land rumgefragt, wer die verteilen will, und anderswo war das Interesse verständlicherweise größer», sagt Vogt. Bei den Spielen der Bayern-Rivalen Schalke 04 und Borussia Dortmund beispielsweise.